Instagramabile ist das neuitalienische Synonym für „fotogen“ und absolut treffend für den Farbtornado, der dieses Jahr durch die Modewelt fegt wie nie zuvor.
Pink haut rein. Pink haut um. Eine Farbe wie ein Vorschlaghammer. Das macht sie bei Kleidung zu einem Drahtseiltanz. Hauchdünn ist die Grenze zwischen King of Cool à la Paulchen Panther und augenkrebserregenden Pinkorgien à la Barbie Café in Taiwan. Sparsam dosiert sorgt Pink auch in der kräftigeren Fuchsia-Variante für cheffige Hingucker-Akzente. Zu viel davon triggert schneller Migräne als einem „Ken“ aus dem Mund ploppt. Und da Pink gerade wieder zur Trendfarbe gepimpt wurde, fällt das Wegsehen schwer. Pink ist überall, als habe Paulchen Panther wie in den Cartoons alles und jeden mit seiner Lieblingsfarbe angestrichen. Vom Etui-Kleid bis zum Diamant-Ohrring.
Pink war immer gut, um aufzufallen, aus der Reihe zu tanzen, Statements zu setzen. Die Modesuchmaschine Lyst folgte dem Trend mittels Timeline The Pink Link. Angefangen mit Elsa Schiaparelli, die 1937 gegen das Pulverfassgrau des Europäischen Kontinents ein Shocking Pink lancierte, das zu ihrer Signature Colour wurde, über Marilyn Monroes Pink-Lorelei-Outfit im 1953er-Musical Diamonds are a Girl’s Best Friend und The Pink Ladies im 1978er-Musical Grease, die quasi dafür sorgten, dass Pink 2022 nach Schwarz zur meistgesuchten Bomberjackenfarbe wurde bis zu Gwen Stefanis rosa Brautkleid von Dior, 2002, mit dem sie die Alleinherrschaft der Farbe Weiß bei Hochzeiten beendete. Den aktuellen Höhepunkt dieser History in Pink dürfte Greta Gerwig’s Barbie-Film sein, der zwar erst im Juli 2023 anlaufen soll, doch schon jetzt die Modewelt in einen Pinktaumel versetzt, als würde eine Roland-Emmerich-Film-gigantische Bubblegum-Blase über sie hinweg rollen.
Einer der Auslöser – neben der Pink-Offensive bei zahlreichen Big Playern der Modebranche, darunter Versace und Valentino – war ein Foto von Hauptdarstellerin Margot Robbie im Mattel-Puppen-Outfit. Das rosa Grauen wirft seine Schatten voraus. Dabei zeigt der Film einen zumindest pseudokritischen Ansatz: Barbie wird aus Barbieland geschasst, weil sie die dortigen Perfektionsauflagen nicht erfüllt, und erhält Asyl in der noch nicht vollständig aus Plastik bestehenden Menschenwelt, wo es angeblich auf andere Werte ankommt. Dabei gilt die Farbe Pink als glücksgefühlsteigernd. Stichwort Dopamine Dressing. Als macht- und businessfeministische Deutung Empowerment Pink tritt die Farbe an die Stelle der Form, die uns in den 80ern breite, gepolsterte Alexis-Carrington-Schultern brachte. Mit dem Szenebegriff „Barbiecore“ – „core“ wie in „Hardcore“ – lässt sich der Trend durchaus als Drohung verstehen: Schluss mit einhornprinzessinenzuckerwattenniedlich! Gut möglich, dass in den nächsten Star-Wars-Spin-offs, Remakes oder Presequels ein ganz in Barbiecore gehüllter Darth Vader 2.0 als erster Pink Villain Schurkengeschichte schreibt und die untoten Ewigkeitsrocker Rolling Stones eine Neuauflage ihres 66er-Hits Paint it Black modefarblich anpassen.
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