Der Stil-Profi

Im Film wie im Leben präsentierte sich Jean-Paul Belmondo als Meister der Klamotten. Der französische Filmstar verwandelte jeden Stoff in großes Kino.

Wer seine besten Jahre in den 1960ern, 1970ern oder frühen 1980ern verbrachte, kommt an ihm nicht vorbei: Jean-Paul Belmondo (1933-2021). Neben Louis de Funès einer der bekanntesten und beliebtesten männlichen Filmstars, die das französische Kino hervorbrachte. Auf den Filmplakaten prangte sein Name größer als der Filmtitel. Zu Belmondos besten Zeiten gingen die Leute allein wegen ihm ins Kino – egal worum es ging (meistens schräge Komödien, turbulente Actionfilme oder beides zusammen). Hauptsache Belmondo! Das lag nicht allein an seiner mitreißenden Schauspielkunst. Bei Belmondo stimmte alles: Ausstrahlung (niemand konnte eine Zigarette rauchen wie er), Humor (was für ein begnadeter Sprücheklopfer), Risikobereitschaft (er machte seine Stunts selbst) und an seiner Seite rekelte sich so manche Filmgöttin: Ursula Andress, Jacqueline Bisset, Geneviève Bujold, Claudia Cardinale, Catherine Deneuve, Anna Karina, Gina Lollobrigida, Sophia Loren, Sophie Marceau, Jeanne Moreau, Jean Seberg, Raquel Welch – zwei Bond-Girls inklusive.

Zudem hatte Belmondo ein todsicheres Gespür für Stil. Jacken, Hosen, Pullover, Stiefel, Hüte und Kappen wurden cool, wenn Belmondo sie trug, sie sich aneignete, als wären sie ein Teil von ihm. Am Filmset wie beim Jetset. Eine Journalistin vermutete, Belmondo habe die Klamotten, die er in Außer Atem quasi bewohnte, selbst gewählt, da der Abspann keinen Hinweis enthalte auf einen Kostümbildner oder eine Kostümbildnerin. Es wäre ihm zuzutrauen, denn auch privat glänzte der Kult-Franzose mit Stil. Selbst Strickjacken machte er zu einem Must-have. Er imprägnierte Kleidung mit dem Cool-Faktor B – B wie Belmondo.

Sein Filmruhm begann 1960 mit dem Nouvelle-Vague-Klassiker Außer Atem (À bout de souffle) und reichte bis Mitte der 80er-Jahre. Jean-Paul Belmondos größter Hit wurde Der Profi (Le Professionnel), 1981. Dazwischen lagen über 50 Filmrollen und entsprechend viele Outfits, die er stets mit einer unverschämten Lässigkeit trug, als trüge er sie seit Zeugung. Was Belmondo auch anzog, es wirkte, wie extra für ihn angefertigt, gar als zweite Haut angewachsen. Unvergesslich: Belmondo als kleiner Gauner im locker sitzenden Anzug mit Hut und Sonnenbrille, der Humphrey Bogart nacheifert – in Jean-Luc Godards Außer Atem; entwaffnend: sein offenes weißes Hemd über dem muskulösen Boxerbody, eng sitzende Lederhose und Musketier-Stiefel im Mantel-und-Degen-Kracher Cartouche, der Bandit, 1962; absolutely sharp: als Mafia-Gangster-Partner von Alain Delon im shipshape Nadelstreifen-Dreiteiler, weißem Hemd, gestreifter Krawatte und Borsalino-Hut in Borsalino, 1970; umwerfend: Belmondo als Playboy im weißen Anzug mit gestreiftem Hemd – wahlweise blauem Sakko – Einstecktuch und Protz-Uhr in Le Magnifique – ich bin der Größte, 1973; over the top: als knallharter Cop mit schwarzem Rollkragenpulli, schwarzer Schlaghose und Lammfell-gefütterter Lederjacke in Angst über der Stadt (Peur sur la ville), 1975; unschlagbar: als Agent mit schwarzer Lederjacke, heller Stoffhose und offenem blauen Hemd in Der Profi. Und selbst das Gorilla-Kostüm in Ein irrer Typ (L’Animal), 1977, trägt niemand so souverän wie Jean-Paul Belmondo.

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