Blondes had more fun

Zum 60. Geburtstag von Barbie fragt sich die Modewelt, wie einflussreich die kleine Dame noch ist

Barbie-Hersteller Mattel wusste um die Anziehungskraft blonder Frauen offenbar lange bevor Rod Stewart mit seinem 78er Album eben genau das behauptete: Blondes have more fun – verpackt in reichlich Koketterie und Ironie, denn auf dem Cover hält der Schotte mit der blonden Mähne eine schwarzhaarige Lady im Arm. 1959 kam die erste Barbie auf den Markt und erfüllte alle Klischees des damaligen Schönheitsideals der weißen amerikanischen Mittelschicht. Gleichwohl zeigten Barbie-Macher im Laufe der Zeit ein gutes Gespür für Trends und Märkte. Mit schöner Regelmäßigkeit verwandelte sich Barbie in Filmstars, transportierte den Lifestyle der Reichen und Schönen. Als erste einer langen Reihe von Star-Barbies bekam Supermodel Twiggy 1967 eine Plastikreplik – mitsamt charismatischem Eyeliner, Minikleid und farbigen Stiefeln. Sehr beliebt wurde die Malibu Barbie von 1971. Mit ihrem relativ weiten, leicht transparenten, hellblauen Badeanzug, den langen blonden Haaren und dem passenden Teint verkörperte sie kalifornisches Savoir-vivre. Ende der 1970er wandelte Disco Fever Barbie auf den Glitzerspuren John Travoltas. Da durften die Haare auch dunkel sein und aufgeplustert. Für eine multiethnische Gesellschaft, wie sie die USA von Anfang an waren, dauerte es allerdings recht lange, bis die erste dunkelhäutige Barbie auf den Markt erschien. Zwar bekam Barbie 1968 eine afrostämmige Freundin namens Christie, aber erst 1980 verabschiedete sich Barbie selbst von ihrem White-Skin-Monopol. Inzwischen hat sich einiges getan, Barbie ist in sämtlichen Ethnien vertreten, trägt seit 2017 auch Hidschab und sitzt seit 2019 sogar im Rollstuhl. Das klingt aufgeschlossen. Aber damit huldigt Mattel vor allem dem Markt und weniger dem Ideal einer heterogenen Gesellschaft und ihrer Vielfalt. Der 2020 startende Barbie-Spielfilm mit realen Schauspielern wirkt zudem wie ein Rückfall in alte Zeiten. Die Rolle der Barbie übernimmt die 29-jährige Australierin Margot Robbie. Zumindest optisch ähnelt die Schauspielerin sehr stark der frühen Klischee-Barbie: modelblond, Modelfigur, Modelgesicht.

All dies ist allerdings kein Beleg für die Behauptung vieler Modemagazine, Barbie sei eine Influencerin, gar eine Stil-Ikone. Denn wen beeinflusst Barbie überhaupt? Als Rollenbild für vier- bis achtjährige Mädchen – was auch immer man davon halten mag – funktioniert Barbie vermutlich auch heute noch ziemlich gut, einschließlich des Hangs zur Magersucht. Wie lange dieses Bild tatsächlich prägt und inwieweit es den späteren Modegeschmack beeinflusst, darüber lässt sich nur spekulieren. Es klingt aber eher unwahrscheinlich, dass junge Frauen sein wollen wie die aktuelle Version der Barbiepuppe, mit der sie vor zehn oder fünfzehn Jahren spielten. Oder dass Mütter sich von ihren schulpflichtigen Kindern und deren Puppen Modetipps angeln. Es sei denn, sie heißen Paris Hilton.

Foto: Mattel