Die Zwangsversetzung in den Home-Office-Modus bringt neue Herausforderungen. Bei der ewigen Frage „Was ziehe ich an?“ hat das Kino einiges zu melden.
Es ist eine Schlüsselszene im Kultfilm The Big Lebowski: Jeff Bridges alias der Dude, arbeitslos und beinahe apokalyptisch gechillt, besucht nach einem Überfall den namensgleichen Millionär Jeff Lebowski. Der Dude möchte eine Entschädigung für seinen ruinierten Teppich, da der Überfall offensichtlich dem anderen Lebowski gegolten hatte. Da sitzen sich zwei Welten gegenüber. Hinter dem Schreibtisch der fette Millionär im Rollstuhl mit Anzug, Krawatte und Einstecktuch, und konservativ bis zum Abwinken. Vor dem Schreibtisch der Dude mit Sandalen, Shorts, Hoodie, T-Shirt und Sonnenbrille, als besuche er mal eben die Studenten-WG nebenan. Den ganzen Film über sieht man den Dude in seiner Version von Loungewear. Mit leichten Variationen. Hier eine Strickjacke, dort ein Bademantel. (Klar, L.A. Schön warm dort.) Durch diese fast kosmische Take-it-easy-Autorität des Dude wird seine Garderobe faktisch zum Survial-It-Piece-Ensemble in Krisenzeiten. „I like your style, Dude“, gesteht der Erzähler an der Bar. Dem kann man sich nur anschließen.
Aber was genau ist eigentlich Loungewear? Der englischsprachige Begriff ist hierzulande noch nicht so geläufig und weckt vermutlich recht unterschiedliche Vorstellungen. Sind das Wellness-Klamotten wie sie Tchibo ständig bewirbt? Etwas bequemeres Büro-Outfit, das einem überraschend angesetzten Online-Meeting standhält? Oder eher ein Pyjama to go, mit dem eine U-30-Lady auch mal schnell in den Supermarkt um die Ecke kann? Ein schicker Trainingsanzug wie der von Bill Murray als alternder Don Juan in Broken Flowers? Mit unerwartetem Besuch ist in Stay-home-Zeiten ja eher nicht zu rechnen, weswegen die Allzeit-schick-für-Mister-Big-Variante á la Carrie Bradshaw (Sex and the City) vermutlich übertrieben wirkt.
Loungewear ist all das. Und noch viel mehr. Ungeachtet dieser Beliebigkeit klingt diese Wortschöpfung viel zu sehr nach Club, Hotellobby oder VIP-Lounge im Fußballstadion oder am Flughafen. Passt alles nicht in Coronazeiten. Um auf den Dude zurückzukommen: Der Maßstab ist nicht die Umgebung, sondern die eigene Coolness. Loungewear? Wir sollten sie Dudewear nennen.
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