Guter Stoff

Fast 50 Jahre nach dem Kinostart von Stanley Kubricks einstigem Skandalfilm A Clockwork Orange inspirieren die ikonenhaften Kostüme noch immer Künstler und Designer

Noch bis Mitte September zeigt das Londoner Design Museum eine Ausstellung über Stanley Kubrick (1928-1999). Er drehte nicht nur Klassiker verschiedenster Genres, er setzte auch Maßstäbe beim Set- und Kostümdesign. Vor allem die Kostüme aus A Clockwork Orange (1971) sind bis heute stilprägend. Im Zentrum des Films steht eine brutale Gang aus vier Jugendlichen, geführt von dem charismatischen Alex. „Wir vier waren damals nach der letzten Mode gekleidet, und die bestand damals aus schwarzen, sehr engen Hosen mit der eingearbeiteten Puddingform, wie wir es nannten, zwischen den Beinen …“, heißt es in der Romanvorlage von Anthony Burgess.

Doch erst Kubricks Verfilmung schuf mit der Kleidung der vier „Droogs“ etwas Ikonenhaftes, endlos zitiert im Film, auf Konzertbühnen – von David Bowie bis Madonna – und auf Laufstegen. Kostümdesignerin und vierfache Oscargewinnerin Milena Canonero kleidete die Droogs ganz in Weiß – ließ nur Melonen, Stöcke und Schuhe schwarz. Über der Hose trugen die vier Tiefschutz, wie er etwa beim Kricket (unter der Hose) üblich ist. Ein Kniff, der das machohafte Auftreten der Jungs noch verstärkte. Mit etwas Fantasie erkennt man den außen getragenen Tiefschutz auch an den Rüstungen der imperialen Sturmtruppen aus der Star-Wars-Saga.

Bei der Präsentation von Jean-Paul Gaultiers Herbst/Winter-Kollektion 2008 trugen die Models Melonen und Regenschirme, teils mit ähnlichen Posen wie in Kubricks Film. Auch Modedesigner Jun Takahashi (Undercover) integrierte typische Clockwork-Accessoires (Masken, Melonen, Stöcke) in seine Herbst/Winter-Modenschau 2019.

Eine mögliche Erklärung für die Vergänglichkeitsresistenz des „Droog-Style“ sieht Filmkritikerin Elena Lazic in der Ambivalenz dieses Outfits. Das Spiel mit den Gegensätzen, vulgär vs. elegant, Machismo vs. Weiblichkeit (künstliche Augenwimpern), Arbeiterklasse vs. Oberschicht, sei eine wichtige Inspirationsquelle vieler Modedesigner. Oder wie Autor Brenden Gallagher es auf den Punkt bringt: „Sie sind stilvoll, gleichzeitig gefährlich; rebellisch, dabei uniformiert, pervers, dabei chic.“ Da diese Garderobe so viel mit so wenig kommuniziere, beflügle sie immer noch Designer weltweit – „fast fünfzig Jahre danach.“

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