High Five

In der Netflix-Serie Queer Eye wird Umstyling zur Metapher für echte Lebenshilfe. Mit scheinbar oberflächlichen Veränderungen stärken die Fab Five das Selbstvertrauen der Leute

Deanna Muñoz, eine Chicana aus Kansas City, will ihre Kunstgalerie in der Nachbarschaft etablieren. Sie fühlt sich verunsichert, da sie weder gut spanisch spricht, noch mexikanisch kochen kann. Rassistische Äußerungen rütteln noch mehr an ihrem Selbstvertrauen. Da kommen die Fab Five gerade richtig. Ihr Makeover für die Lady ist ganzheitlich: Deanna bekommt eine neue Frisur, ihre Räume einen neuen Look, sie lernt mexikanisch zu kochen und auf die Nachbarn zuzugehen und sich von ihren Erfahrungen mit Rassismus nicht entmutigen zu lassen. Die meisten Menschen in der Nachbarschaft sind ihr gegenüber sehr aufgeschlossen. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten. Eine typische Episode aus Queer Eye.

Die Netflix-Reality-TV-Serie ist geradezu das Gegenteil all dieser niveaufreien Püppchen-Casting-, Zicken-Combat- und Ego-Porno-Shows. In Queer Eye geht es vor allem darum, Leute mit schwachem Selbstbewusstsein aufzurichten. Mit den Mitteln der Fab Five: Bobby Berk ist Experte für Design und Inneneinrichtung, Karamo Brown für Kultur und Lifestyle, Tan France für Mode, Antoni Porowski für Kulinarik und Jonathan Van Ness für Styling und gepflegtes Auftreten. Sie sind eine Art Ghostbusters für die inneren Dämonen.

Vordergründig verändern die Jungs nur Frisur, Kleidung und Wohnungseinrichtung – de facto erreichen sie etwas, woran sich Freunde, Psychiater und Lehrer oft genug die Zähne ausbeißen: Sie helfen den Leuten, sich selbst anders wahrzunehmen und so zu sein wie sie gerne wären. Oder wie der Spiegel schrieb: Queer Eye ist eine Umstyling-Show, „die sich nur sehr oberflächlich um Oberflächlichkeiten dreht“, aber umso mehr „Mut zur Selbstverbesserung propagiert, ohne in neoliberalen Optimierungsmist abzudriften“. Der Londoner Guardian geht sogar noch ein bisschen weiter und sieht in der Serie eine Sammlung von Gründungsgeschichten für eine neues Amerika.

Eines der besten Argumente der Fab Five ist Authentizität. Sie leben selbst, was sie anderen vermitteln. Das ist vergleichsweise einfach solange man sich unter Menschen bewegt, die genauso offen sind wie man selbst. Queer Eye in New York City wäre vermutlich kein so großes Ding. Im Bible Belt, den extrem konservativen bis fanatisch religiösen bis homophoben Südstaaten, sieht es schon anders aus. Sechs von acht Episoden der vierten Staffel spielen im Bundesstaat Missouri. Eben dieses Selbstbewusstsein, mit denen sich die fünf in gefühlten No-go-Areas bewegen, reichen sie ihren Klienten weiter.

Im November startet in den USA die fünfte Staffel (in Deutschland ab 2020). Ein Ende des Erfolgs ist nicht in Sichtweite. Diesmal zieht es die fünf Makeover-Heroes nach Japan – ein spannendes Experiment, da die Gesellschaft bei aller Höflichkeit als äußerst traditionell und konservativ gilt.

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