Wer an chronischer Unentschlossenheit leidet, sollte es vielleicht mit einer asymmetrischen Jeans versuchen: das neue It-Piece für gespaltene Persönlichkeiten.
Vokuhila, Adiletten, Tennissocken, Baggy Pants, Ugg Boots, Sportanzüge aus Ballonseide, Muskelshirts. Die Liste der Fashion Crimes der letzten 50 Jahre ist lang und gemein. Das hindert die Branche allerdings nicht daran, immer wieder neue Halloween-affine It-Pieces auf den Markt zu scheuchen. Manche dieser Klamotten und Accessoires beginnen vermutlich als Scherz oder um die Schwiegermutter loszuwerden, ehe sie sich einnistet. Leider werden Humor und Ironie nicht überall erkannt und so verselbstständigt sich eine Schnapsidee ganz schnell zum Modetrend – erst Recht im Zeitalter von Massenmedien und Social Media.
Ähnliches könnte auch mit der asymmetrischen Jeans passieren, bei der ein Hosenbein einigermaßen eng dem Beinverlauf folgt, während das andere Hosenbein sich von oben nach unter weitet und mit einem gewaltigen Schlag abschließt. Sieht man das zum ersten Mal, wirkt es wie eines dieser sinnestäuschenden Gemälde von René Magritte, bei dem Hintergrund und Vordergrund die Rollen tauschen. Zielgruppe dieser asymmetrischen Jeans des Kiewer Modelabels Ksenia Schnaider sind Frauen, die sich nicht entscheiden können, ob sie eine Mom Jeans (oder Karottenjeans, wie sie in den 1980er hieß) oder eine Wide Leg Jeans tragen wollen. So haben sie beides auf einmal. Das Argument hat durchaus etwas für sich. Entscheidungsnotstand ist schließlich eine der führenden Zivilisationskrankheiten, bedingt durch ein unüberschaubares Sortiment von Auswahlmöglichkeiten verbunden mit dem gefühlten Zwang, stets das Optimale für sich zu wählen. Das Ergebnis mag man als „netter Versuch“ abhaken, aber wenn man die Idee auf die Spitze treibt und ein bisschen Science-Fiction dazu mischt, kommt irgendwann ein Kleidungsstück, das mit Hilfe von Sensoren, die Hautspannung und -temperatur messen, und einer flexiblen Textur (ähnlich dem Flüssigmetall der Androiden aus Terminator) permanent Form, Farbe und Schnitt der Kleidung dem aktuellen Bekleidungsbedürfnis der Trägerin oder des Trägers anpasst. Die Möglichkeit, dass dabei zwei fast gegensätzliche Hosenbeine zum Vorschein kommen, ist dann zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber doch eher unwahrscheinlich.
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