75 Jahre Nylons

Am 15. Mai 1940 war halb Amerika auf den Beinen. Die Damen. Das Objekt der Begierde: Strümpfe. Als Anfang der vierziger Jahre zum ersten Mal günstige Nylons angeboten wurden, kam es in den Kaufhäusern zu tumultartigen Szenen. Seither heißt der Tag „N-Day“ oder „Nylon Day“. Die Nylons, sagte man, hielten länger als jede andere kunstseidene. Nach zwei Tagen waren vier Millionen Paar Strümpfe verkauft.

Gerne erzählt man sich, „Nylon“ sei während eines Flugs zweier DuPont-Mitarbeiter von New York nach London entstanden – von NY nach LON. Das ist wohl genauso eine Legende wie die Geschichte, der Name gehe auf den Erfinder der Faser zurück, der nach seinem Durchbruch das Ende des japanischen Seidenmonopols verkündete: „Jetzt verlierst Du, altes Nippon“ („now you lose old nippon“). Aus den englischen Anfangsbuchstaben wurde das Wort Nylon abgeleitet. Fiber 66, wie die Forscher die Faser nannten, war zu wenig glamourös. Also kam man auf „norun“ (no run: keine Laufmaschen), ein Versprechen, das jedoch nicht einzuhalten war. Oder „nuron“. Immer wieder drehten und tauschten die Verkäufer die Buchstaben, um sich dann auf „Nylon“ zu einigen. Das neue Kunstwort bezeichnete die erste vollsynthetische Faser der Welt, hergestellt aus Kohlenstoff, Wasser und Luft im Labor des größten amerikanischen Chemiekonzerns DuPont unter der Leitung von Wallace Carothers. Er entdeckte, dass sich aus einem zähen Block dieser Masse feine Fäden spinnen ließen, „stark wie Stahl und fein wie Spinnweben“. Vorgestellt hatte DuPont seine Erfindung zwei Jahre vor dem N-Day – in New York auf der Weltausstellung.

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